35. Spartathlon 2017

29.-30.9.2017

Endlich bin ich dabei (siehe Link) !

In 2017 startete ich erstmalig beim Spartathlon, einem 246 km langen Nonstop-Lauf von Athen nach Sparta mit 3260 Höhenmetern.

Dieser Lauf beruht auf der antiken Sage, dass der Bote Pheidippes 490v.Chr. in den Perserkriegen von Athen aus losgeschickt wurde, um die Spartaner zu Hilfe zu holen. Da er angeblich am Abend des nächsten Tages in Sparta eintraf, ist auch heute noch das Zeitlimit im Ziel auf 36 Stunden festgelegt.

Es werden 390 Startplätze weltweit vergeben, davon 35 nach Deutschland. Mit am Start ist auch immer Weltklasse, so z.B. der amtierende 24h-Lauf-Weltmeister. Zur Qualifikation muss man gute Ergebnisse über 100 km, 100 Meilen oder noch länger nachweisen. Trotz des ausgesuchten Starterfeldes liegt die Finisherquote in jedem Jahr nur zwischen 1/3 und 2/3 (je nach Hitze) !

Der Lauf ist mit 75 Verpflegungspunkten (also im Schnitt alle 3,5 km) sehr gut organisiert. An allen gibt es jedoch Zeitlimits, die zum sofortigen Ausscheiden führen. Das Passieren der grösseren Check-Points ist live im Internet verfolgbar, an den kleineren wurden im letzten Jahr nur die ersten 3 gelistet. In den Foren gibt es die ganze Nacht durch fachmännische Diskussionen.

Nachdem ich mir jahrelang diese Distanz noch nicht zutraute, habe ich mich letztes Jahr erstmalig beworben, landete jedoch nur auf der Warteliste und kam nicht zum Zuge. Dieses Jahr hat es geklappt !
Allerdings brach die letzten Wochen akut und sehr heftig die Achillessehnenentzündung wieder auf. Der Versuch einer Laufstilumstellung brachte zwar Verbesserung in der Achillessehne, jedoch umso heftigere Überlastungsschmerzen in Hüfte und Fussgelenk. Also schlechte Vorbedingungen !
Der Hauptwunsch wäre also finishen - die Zeit ist zweitrangig.

Streckenverlauf :
Nach 10km breiter Ausfallstrasse durch Athen folgen 10km am Standstreifen einer Autobahn, bis auf die Küstenstrasse abgezweigt wird.
Diese führt bis zum Kanal von Korinth (km 77,5), danach geht es durch ländlichere Gebiete in die Berge bis zum über 1100m hohen Sangas-Pass (km 160), den man in der Nacht überquert.
Nach 40km Hochebene folgen nochmals Berge auf einer Nationalstrasse bis es dann kontinuierlich zum Ziel bergab geht.

siehe auch : Veranstalterseite mit Live-Protokollierung als Liste je angeclicktem Check-Point. Die Livedaten sind jedoch nach Rennende nicht mehr verfügbar.



Zwei Extra-Tage vorher zur Akklimatisierung


Der Athener Stadtstrand ist gar nicht mal so hässlich *2


Eine der prächtigen orthodoxen Kirchen in Piräus *2


Die hübsche Seite von Piräus wirkt wie ein Fischerdorf *2


In Kenntnis des reellen Wetters hätte ich diese Extra-Übernachtungen im Hotel Zen ebenfalls am Glyfada-Strand nicht gebraucht. War es in der Vorwoche noch bis zu 38 Grad in Athen, waren es bei meiner Anreise nur noch 26 Grad und am Wettkampfwochenende noch etwas weniger.
So konnte ich aber wenigstens etwas besichtigen. Am ersten Abend spazierte ich spontan barfuss in Sandalen bis in die Innenstadt, was sich doch sehr zog. Dabei lief ich mir eine Blutblase unterm Ballen !
Hatte ich beim letzten Training in der Heimat bereits gehumpelt, so hatte ich mir nun ein zusätzliches Problem geschaffen ! Der lockere Trainingslauf am Dienstag bestand daher ebenfalls aus Humpeln und Schwitzen. In südlicher Richtung am Glyfada-Strand erkundete ich schonmal die Veranstaltungshotels.
Dienstag abend besichtigte ich dann das auf einem Felsen liegende Piräus mit dem Athener Hafen.


Von den steilen Strassen gibt es spontane Ausblicke auf Athens endloses Häusermeer *2


Die Seite in der Fährhafen-Bucht ist weniger hübsch und austauschbar *2


Leckeres griechisches Essen (Pita, Fleischspiesse, gegrilltes Gemüse und Alfa-Bier) in einer Taverne *2


Mittwochs wechselte ich dann ins Hotel Palace, in dem das deutsche Team untergebracht war. Dann Startunterlagen abholen, Bekannte begrüssen, donnerstags Dropbag-Abgabe sowie verpflichtende Wettkampfbesprechung ...


Vom Balkon des Palace : laut gelegen zwischen Tramlinie und Schnellstrasse *2


Toll : Hotelpool direkt neben dem Frühstücksbereich ! *2


Wirklich für alle 75 CPs kann man vorher Beutel abgeben (hier ca. 50% sichtbar) *2


Wie lief es denn ?

Aufgrund obiger Vorgeschichte hielt ich die Wahrscheinlichkeit für hoch, schmerzbedingt bereits innerhalb 20 oder 40 km aussteigen zu müssen. Doch die erwarteten orthopädischen Probleme waren beherrschbar. Ich ging mit langsamen 10 km/h an und an der Küstenstrasse trug einen stellenweise förmlich der Rückenwind. Dennoch fühlte es sich nicht so locker an, wie man bei dem Tempo erwarten müsste.


Einige Deutsche vorm Start am Akropolis-Eingang. Den Termin zum Gruppenfoto hatte ich verpasst.


km 4 auf der Iera Odos : zufällig neben David aus Malaysia (kennengelernt Berlin 2016) und Alexander Grossmann (Saar-Ultra 2017)


ca. km 15 : mein Laufstil sieht wirklich nicht gesund aus


Die Strecke ist auch nicht wirklich schön. An der Autobahn und bei den Raffinerien riecht es wie eine Mischung aus Bremsbelag und Kupplung !
In Nea Peramos (km 33) denke ich schon, ich wäre bereits in Megara und damit kurz vorm Marathonpunkt. Gleich hinter Megara steht neben einer Blutpfütze ein Japaner, der offenbar mit einem Roller kollidiert ist. Für den ist der Lauf hier schon vorbei. Dann wieder eine Schulklasse, die abgeklatscht werden will.
Zwischendurch immer wieder wilde Strassenhunde, die aber unglaublich brav sind.


ca. km 21 : Schulkinder, die abgeklatscht werden wollen. Hier hatte der PhotoClub leider kein Bild von mir !


Auf der Küstenstrasse. Zum Glück knallt die Sonne nicht !


Auch auf der Küstenstrasse.


Aufgrund bisheriger Erfahrungen esse ich fast nichts : von km 42 bis 80 einen Sesamkeks, beim CP an km 80 etwas Reis, irgendwo mal ein Stück Apfel. Trinken fast nur verdünnte Cola und alle 15km eine Salztablette. Trotzdem spüre ich bei km 91 einen starken Toilettendrang und muss eine Gehpause einlegen, sonst könnte ich es nicht mehr halten. Die erste Kneipe im antiken Korinth rettet mich aus dieser Qual.
Als ich einmal in Zeugolatio (km 102), erfreut eine Getränke-Alternative zu sehen, zu Pfirsichsaft greife, kotzt mein Magen dies sofort wieder aus.
In diesem Dorf wollen die Kinder Autogramme und Texte ins Poesiealbum, was ich aber nur zweimal mitmache.
Es folgen weiteres Übergeben (vorwiegend an Bergab-Stücken) und weitere Durchfälle in Lyrkia (km 148) und bereits wieder in Sangas (km 164), obwohl mein Magen nichts Festes mehr enthalten dürfte. Auch mehrere längere Sitzpausen haben meinen Magen nicht beruhigt.
Ab Kaparelli (km 154) setzt dann Regen ein. Am bereits kalten Mountain Base (km 159.5) sitze ich lange zitternd, bis ich in einem HauRuck über den Pass und wieder bergab durch den Wintersturm sprinte. Da ich mich nach dem Toilettenbesuch in Sangas Taverne noch lange vor dem Ofen wärme, will mir die Offizielle bereits die Startnummer abnehmen. Doch ich lehne ab, da noch genug Zeit ist und ich finishen werde !
Auf dem Weg von Sangas nach Nestani regnet es ununterbrochen, es wird mir schon wieder schlecht und der Durchfall drückt auch schon wieder. Am grossen Checkpoint in Nestani kann ich dieses Problem (4. akuter Durchfall !) nicht mal loswerden, denn die Toiletten sind verstopft und das Wasser abgestellt.
Ein Arzt gibt mir noch eine Injektion gegen Übelkeit doch der Tee 30 Minuten später führt zu meinem 7. Übergeben. Die Entscheidung kann ich noch bis zum Zeitlimit hinauszögern, aber ich stieg hier nach 172 von 246 km aus. Und ich habe es auch nicht innerhalb von 15 Minuten bereut, wie Mike Dieroff zu mir meinte.


Ein Höhepunkt : die Brücke über den Kanal von Korinth. Leider war hier meine Kameralinse nass und meine eigenen Bilder verschwommen !


Im antiken Korinth (km 93). Die Uhrzeit steht noch auf deutscher Zeit. *1


Am Einstieg in den Sangas-Pass. Auf dem Bild war allerdings kein Regen und Nebel wie bei mir. Die Vorderen hatten noch bessere Wetterbedingungen.


Hier meine Zwischenzeiten, rausgezogen aus der jährlichen Spartathlon-Rubrik im DUV-Forum, die so ein Event auch für Nichtfachleute vorbildlich kommentiert :
CheckPointkmPlatz DurchgangszeitTempoZeitlimitmeine Bemerkung
CP4 Eleusina 19.5km163 1:53:27h5:49min/km2:10h 
CP11 Megara 42.2km150 4:01:32h5:43min/km4:45hMarathonzeit im Plan. Ex-Sieger Stu empfiehlt, über 4 h anzugehen !
CP18 Agioi Theodori 65.1km151 6:28:44h5:58min/km7:25h 
CP22 Hellas Can 80.0km155 8:09:02h6:06min/km9:30hwie kann man Läufern nur so grosse Schüsseln Reis anbieten ?
CP28 Assos100.1km173 10:43:35h6:25min/km12:25hdurch die erste Toilettenpause ein paar Plätze verloren
CP35 Antikes Nemea123.3km187 14:05:27h6:51min/km16:00hlange Pause : hier esse ich ein Joghurt mit Honig
CP47 Mountain Base159.5km209 20:30:33h7:42min/km22:10hbereits 800m hoch, mir ist übel und eiskalt
CP52 Nestani171.5km221 23:16:55h8:08min/km24:30h 

Selbst in meinem Zustand hätte ich mir noch zugetraut, im Zeitlimit im Ziel einzutreffen, denn die Tempoanforderungen gehen im Streckenverlauf kontinuierlich zurück. Aber für die Gesundheit war es so besser !

Krank zurück !

Umgehend nach dem Zeitlimit erfolgt der Transfer mit 3 weiteren Aussteigern nach Sparta, wo das Hotelzimmer incl. Gepäck und Essensmarken schon bereitsteht !
Nach kurzem Schlaf kann ich Zieleinläufe ansehen und das antike und das moderne Sparta besichtigen. Abends dann am Stadtplatz eine professionelle Open-Air-Show für die Bevölkerung mit erster Siegerehrung.
Doch einen Tag später erwischte mich die Übelkeit erneut : Nach einem Hühnchen-Essen ging es mir tagelang elend, so dass ich leider in den Folgetagen in Athen nichts mehr besichtigen konnte. Insgesamt konnte ich 6 Tage am Stück nichts essen und kam in Deutschland noch 4 Tage stationär ins Krankenhaus (Isolierzimmer) mit Verdacht auf Salmonellen - letztlich dann ohne eindeutige Diagnose.
Ausser einem evtl. noch geschwächten Immunsystem sehe ich keinen Zusammenhang zu den Problemen beim Lauf.
Das Schlimme ist, ich weiss nicht, was ich beim Lauf falsch gemacht habe und habe daher auch kein Rezept für die Zukunft. War es zuwenig / zuviel Salz ? Doch zuwenig Festes gegessen ? Unhygienische Eiswürfel ?


Typisch Griechenland : Ich liebe diese kleinen Häuschen zum Gedenken an Unfälle !


Vom Hotelbalkon in Sparta : die letzten km werden die Läufer von radelnden Kindern begleitet *2


Zieleinlauf über Spartas Prachtstrasse zur Statue des König Leonidas *2


Von Spartas antiker Akropolis (gleich hinter dem Stadion) steht nicht mehr viel *2


Am Sonntag Essen der Stadt Sparta für alle Läufer : hier gab es das Huhn ! *2


Montag : Blick vom Balkon der Abschlussgala auf Athens Akropolis *2


Beim Spartathlon 2017 hatte es mit max. 24 Grad erträgliches Laufwetter, wie man es sich für Griechenland nicht besser wünschen kann.
Dementsprechend gab es mit 265 von 369 Gestarteten = 71,8% wohl eine der bisher höchsten Finisherquoten sowie schnelle Siegerzeiten.

Der Spartathlon ist ein perfekt organisiertes Strassenlaufevent mit 97% gut laufbarem Untergrund (Verlaufen unmöglich, die gelben Pfeile auf der Strasse sind sogar auf den Satellitenkarten sichtbar !). Auch wenn die Strecke nicht hübsch ist, sieht man unterwegs alles, was man beim Griechenlandurlaub sehen sollte : Athen, Küste, antike Ausgrabungsstätten, Berge und Bergdörfer.
Doch ob ich es nochmal probiere, weiss ich nicht. Die Qualifikation hätte ich bereits mehrfach erbracht. Selbst mein Ausscheiden in Nestani reicht als Quali ! Aber wer weiss, ob ich nochmal so passable Temperaturen erwischen würde ?
Vielleicht sollte ich sogar komplett aufhören, weil meine Achillessehnenprobleme schon wieder losgehen ?

Laufberichte Thomas Herget, LG Fulda

Bildlegende :
*1 : Bilder von meiner neuen Mini-CarKamera, die ich beim Laufen dabei hatte
*2 : Bilder von meiner hochwertigen Digitalkamera