Jurasteig nonstop 2016

Freitag 8. bis Sonntag 10.4.2016

Hier wollte ich meinen bisherigen Lauf-Distanzrekord nochmals nach oben schrauben : Am JUrasteig Nonstop UltraTrail (kurz JUNUT) stehen anstrengende 239 km mit 6300 Höhenmetern (laut Veranstalter sogar 7900 Höhenmeter) bevor. Dagegen verblasst sogar die bisherige Maximalstrecke vom Hexenstieg 2015 mit 219 km und "nur" 4900 Höhenmetern.

Die Strecke führt durch den fränkischen Jura im Dreieck Nürnberg - Kelheim - Regensburg auf einem allgemein markierten Wanderweg. Dabei werden die Flussläufe von Altmühl, Donau, Naab, Vils, Lauterach und Laber verfolgt, allerdings zermürbenderweise mit ständigem Seitenwechsel und wiederum bergauf und bergab. Ein Höhepunkt wird dabei die nächtliche Donauübersetzung im Feuerwehrboot sein !


Dietfurt aus der Sicht der letzten 100m Laufstrecke, rechts die Zielturnhalle *2


Empfehlung : Gasthof Post direkt am Rathaus, vor dessen anderer Seite gestartet wird *2


bereits donnerstags verpflichtende Wettkampfbesprechung in der Turnhalle *2


Der Start erfolgt am Freitag in Dietfurt in zwei Etappen : um 9.00h für die Langsamen mit 54 Stunden Zeitlimit, um 15.00h für die Schnellen mit noch 48 Stunden bis zum gemeinsamen Zielschluss Sonntag 15.00h. Durch diese ungünstige Startzeit werden selbst die Schnellen auch eine zweite Nacht mehr oder weniger durchlaufen müssen, was für mich eine neue Erfahrung wurde.
Unterwegs wird es 12 Verpflegungsstationen geben. Im Gegensatz zu anderen Läufen packt man hier nur einen Drop-Bag, der rechtzeitig zu 3 VPs weitergefahren wird.
Leider sind mir 99% der Strecke absolut unbekannt. Die Trainingsradtour, um wenigstens die nördlichen Passagen des JUNUT mal tangiert zu haben, musste wegen Reifenplatzer unterwegs reduziert werden und gelangte so nicht zum Ziel.
Das Rennen ist mit gesamt 119 Startern stark besetzt. Favoriten sind :
- Ralf Giese (Sieger Rennsteig nonstop 2015, Startnr. 33)
- Georg Kunzfeld (Sieger JUNUT 2015, Startnr. 1)
- Hanns-Jörg Fleischer (Streckenrekordhalter GERMAN 100mile, Startnr. 25, der aber dubioserweise bei den Langsamen startet)

Das Besondere hier werden die umfangreichen Live-Verfolgungsmöglichkeiten sein :
- Freiwillig mitgeführte GPS-Tracker ermöglichen eine Kartendarstellung : Livetracking (geht auch nachträglich noch abspielen !)
- Zwischenstand der erreichten VPs sortiert nach Startnr. (Startnr. 43 = Herget) : Zwischenstand
- Zwischenstand nach aktuellem Rang : http://schiefele.net/junut/JunutAktuellRang.html
- LiveBlog mit evtl. Insider-Kommentaren : http://junut.de/liveblog-2/

Unterwegs am Freitag, ...


Start der Langsamen am Freitag um 9:00h in Dietfurt, TV ist auch dabei *2


Danach bleibt noch Zeit, Dietfurts enge Gassen zu erkunden *2


Nach unserem Start : 4. oder 5. Aufstieg am Teufelsfelsen überm Altmühltal *1


Schon nach 5km wurde mir klar : die Steigungen sind noch böser als es das Höhenprofil erwarten lässt. Wenn man selbst bergab oft nur gehen kann, hört der Spass auf. Der typische Jurasteig-Weg besteht aus einem schmalen steinigen Trail, der auf 5m Strecke 3 Windungen sowohl horizontal wie vertikal macht.
Andererseits führt er durch schöne felsige Landschaften mit vielen Burgen und Höhepunkten wie Kloster Weltenburg, Kelheim oder dem Wacholderweg.


Die Paraglider-Startrampe, links hinten ist bereits Riedenburg zu sehen *1


km 26,6 : Riedenburg mit VP1, schon leicht später als erwartet *1


Hinter Gregor Endl in der Klamm, er wird später Erster im 170km-Ziel *1


An und durch die Burg Prünn müssen wir natürlich wieder den Fels hochkraxeln *1


kurz danach folgt der Blautopf : sieht schweflig aus *1


und dann die zweitlängste Holzbrücke Europas, sehr wellig *1


Letzte Burg im Altmühltal, kurz vor Sonnenuntergang *1

Auf den ersten 20 bis 30km schmerzen meine Knie wie in den letzten 6 Wochen vorher im Training. Daher muss ich vor allem bergab bedächtig sein.

Von Burg Prünn bis hier laufe ich zusammen mit Ralf Giese. Dann folgt der Stolper- äh Keltenwall, wo ich nicht so schnell wie Ralf stolpern kann. Nervigerweise ist die Wallhöhe auch bei jedem querenden Waldweg unterbrochen und muss neu erklommen werden.

Nach Kloster Weltenburg wird es dann bereits dunkel auf dem Weg entlang der Donau bis ich in Kelheim bin. Ich hatte erwartet, vor der Dunkelheit weiter zu kommen.


Die 50m Abzweig zur Aussicht auf Kloster Weltenburg lohnen sich *1


Die GPS-Tracker fielen leider durch falsche Konfiguration auf schnellstes Sendeintervall aus, ohne die Akkulaufzeit von max. 50 h zu erreichen. Da half es natürlich nicht viel, dass alle am VP2 in Kelheim nochmals den Akku getauscht bekamen. Dennoch gab es viel Live-Information.

Von Kelheim bis VP3 Matting laufe ich zusammen mit Vorjahressieger Georg Kunzfeld (kommunikativ und sehr sympathisch !) : Auf Trail und bergab ist er schneller, sonst ich. Als ich Georg etwas abgehängt habe, gelange ich auf falschem Weg nach Kapfelberg. Da er mich am Ortsausgang dadurch wieder einfängt, muss es ein Umweg gewesen sein. Zu zweit durch die Nacht ist ein Vorteil : mal sieht der Eine einen Abzweig, den der Andere übersehen hätte, mal umgekehrt !

unterwegs am Samstag, ...

Da es so gut harmoniert, schlägt Georg vor, weiter zusammen zu laufen. Doch er wird zusammen mit anderen schnellen Läufern ein Boot vor mir über die Donau übersetzt. So verfolge ich alleine weiter. Doch am Alpinsteig kurz vor VP4 Schönhofen, wo ich wieder langsam vor mich hin stolpere, zieht die schnelle 3er Truppe mit Georg von hinten an mir vorbei, weil sie sich ein Stichstück verlaufen hat.
Dann laufen wir eine Strecke zu viert weiter, bis ich an der Naab wegen Batteriewechsel meiner Stirnlampe die spätere Siegertruppe laufen lassen muss.

Kurz danach verlaufe ich mich ein Stück, was ich aber nicht bereue. Denn dadurch stand ich vor dem Eingang der Räuberhöhle : ein beeindruckend tiefer steiler Felsenschlund mit Treppen nach unten.
Über endlosen Holpertrails vor und nach dem von langsamen Läufern stark belegten VP5 Pielenhofen bemerke ich nach ca. 100km, dass meine Knie gar nicht mehr schmerzen. Dann geht es durch ein Seitental bergauf in Richtung VP6 Dallackenried, wo es wieder hell wird !


Im VP3 Matting : links Ralf Giese und rechts Christoph Janthur, die beide aufgeben *1


km 119: die Burg Kallmünz markiert den Wechsel vom Naab- ins Vilstal *1


Bereits im Tal der Lauterach ist der Wacholderweg kurz vor VP8 Hohenburg, km 151 *1


Im Vilstal geht es vor Rohrbach durch Auewiesen, was mal eine richtig schöne Abwechslung ist. Dann jedoch wieder einen hässlichen Berg hoch, wo ich mich frage : Wer hat bloss die Regel aufgestellt, dass ein Premiumwanderweg über möglichst schlechte Wege führen muss ?
Hier überhole ich viele aus der frühen Startgruppe, die auch mal kurz mitlaufen. Nach längerer Pause am VP7 Schmidmühlen habe ich keine Lust zu laufen und gehe das hübsche Moostal hoch. Dann folgt der Wacholderweg : landschaftlich mit am schönsten, aber auch am schlechtesten laufbar. Dann in Hohenburg, Allersburg und vor Kastl noch steile Berge ohne Sinn, wo man besser anders ausgeschildert hätte. Und immer wieder viel zu grober Kalkschotter !


Ortseingang Kastl kurz vor VP9 mit km 170 : etwas mehr als 24h unterwegs *1


Nach dem grössten Verlaufer endlich an den Treppen zum VP10 Habsberg km 180 *1


Nochmal kurz Abendsonne über schöner Landschaft bevor wieder die Dämmerung einsetzt *1


Ca. bei km 177 kommt mir Startnr. 83 Andreas Rimpl entgegen, ich möge ihm helfen, er finde den weiteren Weg nicht. Nach den letzten schlüssigen Schildern fehlt wirklich jegliche Folgemarkierung. Der Karte nach muss die Kirche Habsberg rechts an der Hinterkante des Berges vor uns liegen. Wir laufen sogar durch Gestrüpp in die Richtung, erfolglos aber auch wieder zurück, bis wir an der Strasse jemand fragen können. Es kostet mindestens eine halbe Stunde !

Etwas verärgert mache ich in Habsberg nur kurz Pause, um noch möglichst viele km im Hellen zu absolvieren. Als die Dämmerung einsetzt, wird der Gedanke an den im Ziel wartenden Schlafsack übermächtig. Bis wieder mal die Wut über einen Verlaufer überwog : In Darn hört die Beschilderung schon wieder auf. Ich versuche ein paar Wege. Erfolglos. Dann nehme ich die Strasse nach Günching. Ein Anwohner muss gesehen haben, wie ich im Ort umherirre, hat sich ins Auto gesetzt und sagt mir, dass ich auf dem falschen Weg bin. Ich antworte, dass ich jetzt nicht mehr umdrehe, sondern über Strassen in den nächsten Ort am Steig will.

Mit Erreichen des Tals der weissen Laber, die uns bis zum Ziel führt, ist es dunkel. Von Arzthofen bis zum VP11 Deinig bei km 202 geht es über Wiesen mit Grasbüscheln, wo man im Dunkeln keinen Weg erkennen und so nur gehen kann.
Dem Triathleten, der Deinig betreut, sage ich noch "Wenn der Weg so weitergeht, brauche ich für den Rest ja noch 7 Stunden !". Er versichert mir, dass der Weg nun besser wird. Der Weg wird besser und ich brauche trotzdem 7 Stunden !

Bei Mittersthal führt die Beschilderung einmal im Kreis. Zum Glück, erkenne ich noch, dass ich an dieser Kreuzung schonmal war, bevor ich lange der Beschilderung in Gegenrichtung folge. Wieder hält ein Auto mit interessierten jungen Einheimischen, die sagen ich müsse da durch. Ich antworte "Den Kreis laufe ich nicht nochmal. Ich versuche jetzt den Radweg an der Strasse bis zur Bahnbrücke."

und unterwegs am Sonntag ...

Der Radweg geht direkt in Jurasteig-Beschilderung über und hier kann ich endlich mal wieder kilometerlang durchlaufen. Bis ich auf Albert Ettner aus der frühen Startgruppe treffe, mit dem ich bis zum Ziel halb laufend halb gehend zusammenbleibe. Oft stehen wir an Kreuzungen und müssen ausprobieren, welcher Weg weiterführt. D.h. im Westen ist die Qualität der Jurasteig-Markierungen eindeutig schlechter.

Nach dem letzten VP12 bei km 223 in Holnstein treffen wir 6 km vor Schluss auf Robert Gehlhaar, der dort Führende der langsamen Startgruppe. Nun zu dritt gehen wir bis ins Ziel, bis auf einen kleinen Abschnitt, wo ich vor Kälte bettele, nochmals zu laufen.
In dieser zweiten Nacht wurde es nämlich eisig kalt.

So kam ich nach 37:51 h am Sonntag früh um 4:51h im Ziel an !

Ich hatte zwar eine leicht bessere Zeit erwartet, doch da kannte ich die Strecke noch nicht. Der hiermit erreichte Platz 3 ist schon als Erfolg zu werten. Viele für 239km gemeldete Läufer beendeten bereits im 170km-Ziel und wenige gaben vorher auf.


Finish zu dritt am Sonntag um 4:51h *3

Sicheres Ankommen durch Erfahrung

Ich hatte mir vorgenommen, möglichst im Temperatur-Wohlfühlbereich zu bleiben. Mit Shirt, Ärmlingen, Buff, Trainingsjacke und zuletzt sogar Handschuhen klappte das auch weitgehend. Mit dem Wetter hatten wir Riesenglück : Entgegen der Vorhersage (anfangs 3 Tage Regen und max. 7 Grad !) blieb es durchgehend trocken.

An jedem der 12 Verpflegungspunkte nahm ich sowohl Salziges als auch Energiereiches zu mir, so dass ich ohne grosse Schwächephasen vorankam. Die Pausenzeiten reichten von 5min bis zu 45min. Bei 12 mal durchschnittlich 25 bis 30 Minuten kommen so allerdings 5 bis 6 Stunden zusammen !

In den Rucksack packte ich weniger Gewicht als beim Hexenstieg, so dass die Schultern nicht so schmerzten.
Ausser einer Blase am grossen Zeh und geschwollenen Schienbeinen ist auch nur ein nun löchriges Paar Socken zu beklagen.


Siegerehrung mit Festkönigin, Veranstaltern und Bürgermeisterin. Hinten die 3 schnellsten Männer der 239km-Strecke, als Pokal dient ein Jurasteigstein ! *2

Laufberichte Thomas Herget, LG Fulda

Bildlegende :
*1 : Bilder von meiner neuen Mini-CarKamera, die ich beim Laufen dabei hatte
*2 : Bilder von meiner hochwertigen Digitalkamera
*3 : Bild von Veranstalter Gerhard Börner