Balaton-Supermarathon Donnerstag, 15.3. bis Sonntag, 18.03.2012
in 4 Tagesetappen auf zusammen 195,4 km rund um den Plattensee
Dieser Bericht ist gewidmet der Palliativstiftung und dem
Projekt I run for life
Jeder Lauf ist wie ein kleines Leben.
Das habe ich schon immer gesagt. OK, für Kurzstrecken unter ca. 3000m gilt das
nicht, denn da hat man nicht die Zeit, unterwegs zu reflektieren. Aber bei
Langstrecken hat man Hochs und Tiefs, muss kämpfen und kann auch Tode sterben !
Umso mehr gilt das bei Mehrtages-Etappenläufen - da hat man automatisch
gute und schlechte Tage !
Erwartungen vorher
Dass es bei diesem Lauf in 2012 mehr Schwierigkeiten als in 2011 geben musste,
war vorher klar, soviel sagt einem schon die Vernunft. Denn aufgrund
langdauernder Achillessehnenschmerzen fiel das komplette Wintertraining aus !
Aber irgendwann muss man auch einfach einen Schritt wagen, ohne dass
der Erfolg sicher ist. Die Entzündung hätte auch wieder
aufflammen können. Aber die vom Physiotherapeuten empfohlenen
muskelstärkenden Übungen, die Besserung brachten, deuteten bereits
darauf hin, dass das Problem eher durch zu wenig / falsches Bewegen entstand.
Zweifel, diese Ausdauerbelastung nicht durchhalten zu können, hatte ich
trotzdem nie. Da hilft die Erfahrung : was man einmal geschafft hat,
geht auch nochmal, ja man verliert sogar den Respekt vor der Distanz.
Die 4 Etappen :
Am ersten Tag begann es genau wie im Vorjahr : morgens vorm Lauf war es mir
schlecht, ich musste mich mehrfach übergeben, so dass ich gar nicht erst
frühstückte. OK, die Erinnerung ans letzte Jahr zeigte mir
ja, dass man sich nach einem langsamen Anfang noch auf ein ordentliches Tempo
steigern kann. Pustekuchen : trotz langsamen Einstiegs wurde ich beständig
noch langsamer. Auch hatte ich ein andauerndes Druckgefühl im Kopf.
Die längste Etappe am zweiten Tag machte mir dann den Unterschied bewusst,
wie es sich anfühlt, wenn man auch befreit und konzentriert auflaufen kann.
Hier machte ich einige Plätze gut und schon wird man vom Optimismus
ergriffen, dass es so weitergeht bzw. sogar noch besser wird.
Unerwartet heisses Wetter machte auf der dritten Etappe allen zu schaffen und
zeigte, dass wir äussere Einflüsse unabwendbar hinnehmen müssen.
Mir wurde unterwegs auch noch schlecht und da ich deshalb an zwei Verpflegungen
hintereinander nichts trinken konnte, ging die Leistung in den Keller.
Auf den letzten km wurde mir der Unterschied besonders bewusst :
wo ich letztes Jahr sprintete, kroch ich 2012 eher.
Es ist klar, dass mit dem 4. Tag nicht viel zu ändern ist. Meine
aktuell begrenzten Fähigkeiten akzeptierend wunderte ich mich
trotzdem über den starken Einbruch auf den letzten 8 km sowie meine mehrfache abendliche Appetitlosigkeit.
Das Ergebnis in Zahlen :
Wie erwartet war meine Leistung von 2011 dieses Jahr nicht zu schaffen : Statt 13.6 km/h waren es dieses Jahr bei 16:05:58 Stunden Gesamtzeit nur durchschnittlich 12.1 km/h !
Die Tagesplatzierungen 18./8./10./17. reichten fuer den 11. Gesamtplatz unter 163 gestarteten Einzelläufern. In der 71 Mann starken Altersklasse M41-55 gewann ich damit den 3. Platz, Pokal und wiederum einen Freistart.
Ausserdem war ich bester der 13 Deutschen, die durch meinen 2011 veröffentlichten Bericht dieses Jahr zahlreicher antraten.
Fazit :
Trotz meiner schwächeren Leistung und der grösseren Quälerei
habe ich dieses Jahr aufgrund des sommerlichen Wetters lauter sonnige Bilder im Kopf !
Auch die vermeintlich dunkleren Tage ergeben im Rückblick strahlende Erinnerungen !
Beim Schreiben wurde mir bewusst, wie ähnlich die Emotionen (hier fett markiert)
eines Lauflebens doch einer langwierigen Krankheitsgeschichte sind. Als
Momente besonders intensiven Erlebens bleiben diese Phasen so oder so
in Erinnerung.
Warum läufst Du (diese Frage wurde mir von Marcel Sühwold, dem
Macher von Irunforlife vorher gestellt) bzw.
warum nimmt man die Strapazen trotzdem auf sich ?
Neben den oben bereits enthaltenen Erlebnissen kommen noch folgende Gründe hinzu :
- um neue Landschaften zu erleben, in der Welt umherzukommen
- um alleine in der Natur unterwegs zu sein
- um stolz auf das Überstehen von Schwierigkeiten zu sein
- um Erfolg zu haben und anerkannt zu sein
- wegen freundschaftlicher Begegnungen mit Gleichgesinnten, alten und neuen Bekannten
- man wird angefeuert und weiss, dass zu Hause Freunde mitfiebern
Zugegeben, einige dieser Gründe sind egoistischer Natur, aber ich hoffe, ich kann
den Kranken hiermit ein paar mutmachende Argumente liefern !
Und wer den professionell geschnittenen Kurzfilm vom Balaton-Supermarathon ansieht, bekommt sicher Lust, hier auch mal mitzulaufen :
zum Video
Laufberichte Thomas Herget, LG Fulda